Texte

o.T. (zwei Eulen), 1984, Sammlung Pötter, Clarholz
o.T. (zwei Eulen), 1984, Sammlung Pötter, Clarholz
M.B.: Westfälische Nachrichten 1958

»Die handwerkliche Akribie rückt ihn in die Linie von Kubin und Weber. Er ist den beiden auch durch das Temperament verwandt. Seine Blätter sind hintergründig, gespenstig, beklemmend. (…) Es sind Arbeiten von absolutem handwerklichem Rang darunter. Später zerfasern die Konturen wie Gespinst. Surrealistisches spielt hinein, die Formen verzerren sich quälend. Menschen werden zu Naturwesen, die wie Bäume wurzeln und absonderliche Blüten treiben. Immer wieder geht der Tod vorbei. Er rast, ein bedrohlicher Keil, auf die Erde; er umschließt eine ganze Familie mit dürren Armen; er lässt den Maler nicht los.«

Rainer Schepper (Hg.): Albert Stuwe – Grafik, Warendorf 1972

»Wir begeben uns, wenn wir Bilder von Albert Stuwe anschauen, auf eine Schwelle, die deutlich zwei Welten voneinander scheidet. Nennen wir sie vorerst – weil ein erster Blick auf diese Bilder es nahelegt – die Schwelle zwischen Wirklichkeit und Traum; denn Reales und Surreales erscheinen nebeneinander in zuweilen labyrinthischer Verflechtung, jedoch mit gleichem Wahrheitsanspruch. So lebt vor allem das graphische Werk Stuwes aus einer Polarität, die sich vielleicht in etwa so kennzeichnen lässt: als Antipoden des künstlerischen Spannungs- und Kraftfeldes und damit der Weltschau Stuwes (…) erscheint auf der einen Seite das Schöne, die Harmonie, die Liebe, auf der anderen Seite nicht etwa das Böse, sondern das Groteske als Bedrohung, die Melancholie, der Tod.«

Adolf Smitmans, in: Albert Stuwe. Zeichnungen aus der Sammlung Scheiwe, Ausstellungskatalog Museum Abtei Liesborn 1986

»Albert Stuwe gelingt es, eine andrängende Fülle innerer und äußerer Wahrnehmung zu verknüpfen und durch Auswahl, Proportion, Zuordnung, Beleuchtung in eine Form zu bringen. So geschieht Erkenntnis und wird Erkenntnis jenseits der Worte mitteilbar. (…) Es gehört tatsächlich Mut dazu, seinen Märchen zuzuhören. Sie sind keine Anekdoten, sondern von Art sehr alt: Herkunft und Zukunft, Individuum und Naturzusammenhang, Wachsen und Vergehen sind ihre Themen. Die Mittel, sie zu verstehen, sind nicht von außen zu holen durch Vergleich mit Dingen oder Ereignissen. Sie kommen allein aus dem Eigenen.«

Ingrid Raschke-Stuwe (Hg.): Albert Stuwe. Ein Künstler in Westfalen. Warendorf 1991

»Lenkt man das Augenmerk auf Albert Stuwes künstlerische Entwicklung, so stellt man fest, dass er ohne Anleitung und Förderung schon in frühester Jugend allein aus sich selbst heraus eine starke schöpferische Kraft entwickelt. Gegen alle Widerstände und Nichtbeachtung seines Talents verfolgt er unerschütterlich sein Ziel, Maler und Dichter zu werden. (…) In den fünfziger Jahren werden die Lehr- und Gesellenjahre, um diesen Vergleich zu benutzen, beendet. Albert Stuwe setzt sich als freischaffender Künstler durch, er entwickelt seinen ganz persönlichen Stil, ein Stamm von Sammlern hat sich gebildet, und er findet nicht nur regional Anerkennung. (…) Aus der genauen Beobachtung der Dinge und Menschen um sich herum, seiner starken Affinität zu Landschaft und der Faszination, die für ihn von Bäumen, Mühlen, Türmen und Schiffen ausgeht, entwickeln sich die grotesken Landschaften und die Symbiose von Mensch und Natur (…) Ab den fünfziger Jahren lässt sich auch eine Vielzahl von Ölbildern feststellen. Es handelt sich nahezu durchweg um kleinformatige Bilder, die oft aus dem Dunkelblau herausgearbeitet sind und eine geheimnisvolle Atmosphäre verströmen. (…) Nach 1960 treten weitere Veränderungen in Albert Stuwes Werk auf (…) Als betrachte man die Arbeiten alter Meister, kann man den winzig kleinen Landschaftsdetails nachspüren. Albert Stuwes Phantasie scheint in diesen Arbeiten überzufließen, so dass der Eindruck entsteht, als böte das Bildformat zu wenig Platz, um die Vielzahl der Details und Symbole zu fassen. (…) Zeichnungen der siebziger Jahre sind mit einem Netz von feinen Linien überzogen und erwecken den Eindruck, als seien sie kaleidoskopartig zusammengesetzt. (…) Eindeutig schreitet die Verrätselung der Bilder immer weiter fort, neue Symbole tauchen auf, die surrealistische Tendenz und das narrative Moment intensivieren sich. (…) Die Zeichnungen der achtziger Jahre zeigen in ihrer freien und dynamischen Gestaltung eine neue Qualität. Dezidiert ausgeführte Flächen stehen neben skizzenhaft belassenen oder gar unbehandelten. Die Zeichnungen erhalten große Durchlässigkeit und Offenheit.«